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Der demografische Wandel schlägt jetzt voll auf den Arbeitsmarkt durch.
In den nächsten zehn Jahren gehen in Deutschland vier Millionen Menschen mehr in den Ruhestand als neu in den Beruf starten. Die Lücke gefährdet Wachstum, Wohlstand und Sozialsysteme.
Vor den Folgen warnt der Wissenschaftliche Beirat beim Wirtschaftsministerium. Die Experten fordern schnelle und drastische Maßnahmen, um die Lücke zu schließen.
Dazu gehören eine längere Lebensarbeitszeit, Einschnitte bei Minijobs und Ehegattensplitting und deutlich mehr Investitionen in Kitas und Bildung.
Egal, wer die nächste Regierung stellt: Zu einem ihrer dringendsten Probleme wird der demografische Wandel in Deutschland. Schon in den nächsten vier Jahren scheiden rund zwei Millionen Menschen mehr aus dem Berufsleben aus als jüngere nachrücken. Die Lücke am Arbeitsmarkt bremst die Wirtschaft und bedroht das Sozialgefüge. Um sie zu schließen, fordern Regierungsberater drastische Reformen. Dazu gehören die Abschaffung der Minijobs, des Ehegattensplittings, der Rente mit 63 und der Altersteilzeit. Nur so könne der demografische Wandel bewältigt werden, ohne die Zuwanderung deutlich zu erhöhen.
„In den nächsten 10 Jahren werden über vier Millionen mehr Menschen in den Ruhestand gehen, als junge Menschen nachrücken“, sagte der Demografie-Forscher Axel Börsch-Supan am Dienstag in Berlin. Dabei reißt die Lücke bis 2027 besonders schnell auf. Noch größer wird sie durch jene, die nicht mehr arbeiten, weil arbeitsunfähig werden, auswandern oder sterben. „Dies ist ein Verlust von etwa 10 Prozent an Arbeitskräften”, sagte Börsch-Supan. Dies könne nicht allein durch Zuwanderung ausgeglichen werden, ohne die Gesellschaft zu überfordern.
Börsch-Supan legte dazu ein Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats beim Wirtschaftsministerium vor. Schon jetzt sei die Wirtschaftskrise auch Folge des demografischen Wandels. „Das Ausscheiden der geburtenstarken Jahrgänge aus dem Arbeitsleben wird das gesamte Gefüge der deutschen Wirtschaft verändern“, warnt Börsch-Supan. Dabei könne die Lücke aus dem noch „unausgeschöpften Potenzial an Arbeitskräften in Deutschland” geschlossen werden. „Dieses Potenzial liege mit 6,7 Millionen. Menschen deutlich höher als das Arbeitskräftedefizit von etwa vier Millionen.“ Dafür seien aber drastische Veränderungen nötig, „die dringend angegangen werden müssen.”
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Der Beirat fordert eine „nationale Strategie Wirtschaftspolitik im demografischen Wandel und darin untere anderem diese Reformen:
Abschaffung der sozialversicherungsfreien Minijobs.
Abschaffung des Ehegattensplittings: Reform der Ehegattenbesteuerung in der Einkommensteuer in Richtung eines Systems, das die Grenzsteuersätze auf Einkommen der Zweitverdienenden deutlich senkt.
Abschaffung abschlagsfreier Rente mit 63 oder zumindest eine Beschränkung auf diejenigen, die gesundheitlich beeinträchtigt sind,
Abschaffung des Blockmodells bei der Altersteilzeit
Erhöhung der Altersgrenze für den Rentenbeginn mit steigender Lebenserwartung.
mehr Kita-Plätze. Unter anderem solle der Bund Geld nicht in niedrigere Beiträge, sondern in zusätzliche Plätze investieren.
Demografischer Wandel: Die Potenziale für mehr Beschäftigte
Das Potenzial von 6,7 zusätzlichen Arbeitskräften ergibt sich aber nur, wenn Deutschland bei der Erwerbsbeteiligung in jeder Gruppe den jeweils höchsten Wert in Europa erreicht. „Hätten die Deutschen in der Altersgruppe von 55 bis 64 Jahren die gleichen Erwerbsquoten wie die Schweden, stünden rund 440.000 zusätzliche Arbeitskräfte zur Verfügung, so der Beirat. In der Altersgruppe über 65 Jahren kämen noch einmal 890.000 hinzu. Schweden erhöht das Rentenalter mit der Lebenserwartung und es gibt keine abschlagsfreie frühere Rente.
Hätten Frauen die gleiche Erwerbsquote und die gleiche Vollzeitquote wie in Schweden, kämen 2,5 Millionen Arbeitskräfte dazu.
Die Umwandlung von Mini- und Midijobs in sozialversicherungs- und steuerpflichtige Beschäftigungen könne 42.000 Vollzeitäquivalente bringen. Eine Reform des Ehegattensplittings 141.000 Arbeitskräfte.
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Bei jüngeren Menschen gebe es nur ein Dänemark eine höhere Erwerbsquote als in Deutschland. Würde diese auch hier Deutschland erreicht, kämen knapp 620.000 Arbeitskräfte hinzu.
Gelänge es, Zuwanderer schneller in den Arbeitsmarkt zu bringen, würde dies bei stabilen Zuwanderungszahlen rund 910.000 zusätzliche Arbeitskräfte bewirken. Alle Berechnungen des Rates gehen dabei davon aus, dass die Zuwanderung nach Deutschland in den kommenden Jahren etwa auf dem Niveau der vergangenen Jahre bleibt. Ohne die zusätzlichen Reformen für die Erwerbsbeteiligung müsste sie Zuwanderung in den Arbeitsmarkt laut Experten auf 400.000 bis 500.000 Menschen pro Jahr steigen.