Zusammenfassung:In der Startup-Szene beliebt, in den Umfragen aber unter dem Radar: Volt. Volt / Getty Images / Coll
In der Startup-Szene beliebt, in den Umfragen aber unter dem Radar: Volt.
In dieser Artikel-Serie widmen wir uns der Bundestagswahl 2025 und den dort kandidierenden Parteien. Dabei möchten wir insbesondere einen Fokus darauf legen, was die jeweiligen Parteien für die Startup-Szene planen und was Unternehmen zukünftig von ihnen erwarten dürfen. Dafür analysieren wir die Parteiprogramme und werfen einen genaueren Blick auf die jeweiligen Spitzenkandidaten und ihre Haltung zu Wirtschaft und Startups.
In diesem Text geht es um „Volt. Die Partei bezeichnet sich selbst als progressiv, paneuropäisch und pragmatisch.
Wo Volt steht
Volt tritt mit großen Ambitionen zur Bundestagswahl 2025 an: Die Partei will erstmals die 5-Prozent-Hürde knacken und in den Bundestag einziehen. In den aktuellen Wahlumfragen bleibt Volt allerdings unter drei Prozent und wird weiterhin gemeinsam mit anderen Kleinparteien unter „Sonstiges“ aufgeführt. Trotzdem zeigen sich Parteimitglieder optimistisch. „Dass wir in den Bundestag kommen, da sehe ich überhaupt kein Problem”, sagte Lilly König, Co-Landesvorstand von Volt Bayern der Tageszeitung Taz. „Wir schaffen das zu 100 Prozent.
Lest auch
Startups & Politik
Ampel-Crash: Das sagt die Startup-Szene dazu
Bei der Bundestagswahl 2021 lag Volt lediglich bei 0,4 Prozent, konnte aber bei der Europawahl 2024 einen Achtungserfolg erzielen. In Deutschland kam die Partei auf 2,6 Prozent der Stimmen und konnte sich insgesamt fünf Sitze im EU-Parlament sichern. Vor allem bei jungen Wählern scheint die Europa-Partei beliebt zu sein. In der Altersgruppe der 16- bis 24-Jährigen erzielte Volt hierzulande neun Prozent, wie aus der Wahlanalyse der Forschungsgruppe Wahlen hervorgeht. Auch in der Startup-Szene findet die Partei Anklang. Laut dem Deutschen Startup Monitor 2024 würden 6,7 Prozent der befragten Gründerinnen und Gründer Volt wählen – ein deutlicher Anstieg im Vergleich zu den 1,2 Prozent im Vorjahr. Damit liegt die Partei bei Gründern auf Platz vier, hinter Bündnis90/Die Grünen, FDP und Union.
Laut Parteienforscher Constantin Wurthmann von der Universität Mannheim ist Volt stark progressiv, wirtschaftlich aber gemäßigt. Die Partei ähnelt in dieser Hinsicht der SPD. In der Handelspolitik teilt Volt die Ausrichtung der FDP und positioniert sich pro Freihandel. Gesellschaftspolitisch setzt sie auf liberale Positionen. Volt tritt für Freiheitsrechte und eine offene Migrationspolitik ein.
Über die Spitzenkandidatin
Maral Koohestanian führt Volt als Spitzenkandidatin in die Bundestagswahl 2025. Die 33-jährige Deutsch-Iranerin ist derzeit hauptamtliche Dezernentin und Stadträtin für Smart City, Europa und Ordnung in Wiesbaden. Mit einem Bachelor in Architektur von der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg und einem Master in Entwicklungsforschung von der ISCTE in Lissabon bringt sie Fachwissen in nachhaltiger Stadtentwicklung und digitaler Transformation mit. Zwei Themen, die sie als zentrale Herausforderungen unserer Zeit sieht.
Mit 33 Jahren ist Maral Koohestanian die jüngste Spitzenkandidatin im Bundestagswahlkampf 2025.
Als Architektin war Koohestanian nie tätig. Sie sammelte Erfahrungen etwa beim Fraunhofer-Institut, wo sie dreieinhalb Jahre arbeitete, zuletzt als Koordinatorin der Morgenstadt Smart City Initiative. Anschließend arbeitete sie beim hessischen Immobilien-Investor Next Generation Invest, wo sie für sozial-ökologische Innovationskonzepte für den Immobiliensektor verantwortlich war. Zudem gründete sie das Gemeindezentrum Global Shapers Stuttgart Hub, eine Initiative des World Economic Forum. Das Wirtschaftsmagazin Capital kürte Koohestanian in seiner „Top 40 unter 40-Liste zu einer der vielversprechendsten Talente in Parteien und Behörden.
In der Politik ist Koohestanian zwar noch ein Newcomer, tritt aber selbstbewusst und entschlossen auf. „Die Zeit für eine neue Generation von Politik ist gekommen. Eine Generation, die Veränderung nicht nur verspricht, sondern umsetzt – mit starken Frauen, frischem Denken und dem Mut zur Zukunft, sagt sie über ihre Vision für Volt im Bundestagswahlkampf.
Volts Pläne für Startups und die VC-Landschaft
Volt sieht Startups und junge Unternehmen als zentrale „Treiber einer zukunftssicheren Wirtschaft. Im Wahlprogramm der Partei stehen mehrere Maßnahmen, die auf die Bedürfnisse von Gründerinnen und Gründern sowie der Venture-Capital-Landschaft zugeschnitten sind.
Ein Schwerpunkt ist die Entbürokratisierung, um Gründungen einfacher und schneller zu gestalten. Dazu gehört auch die finanzielle Entlastung junger Unternehmen: Startups sollen durch steuerliche Anreize für institutionelle Investoren leichter Zugang zu Wagniskapital bekommen. Außerdem plant Volt, Gründerstipendien auszubauen und die Umsatzsteuer-Befreiungsgrenze anzuheben, um finanzielle Sicherheit in der frühen Phase zu schaffen.
Lest auch
„Vote Anyway-Kampagne
Startups und politisches Engagement: „Demokratie ist gut fürs Geschäft
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Förderung von regionalen Netzwerken und Gründungszentren, um Gründer auf dem Land besser zu vernetzen und dort Gründungen zu stärken. Auch soziales Unternehmertum steht im Fokus: Volt will eine neue Rechtsform für Verantwortungseigentum schaffen, die speziell für Sozialunternehmen mit gebundenem Vermögen gedacht ist.
Technologie-Startups in den Bereichen Künstliche Intelligenz, Biotechnologie und grüne Technologien sollen besonders unterstützt werden. Volt setzt dabei auf eine europaweite Zusammenarbeit und fordert gezielte EU-Förderprogramme, um im globalen Wettbewerb mit den USA und China konkurrenzfähig zu bleiben. Zusätzlich sollen Ausgaben für Forschung und Entwicklung zu mindestens 50 Prozent steuerlich absetzbar sein, und der europäische AI Act soll „rechtssicher und innovationsfreundlich umgesetzt werden, wie die Partei in ihrem Programm schreibt. Konkrete Vorschläge macht Volt an dieser Stelle aber nicht.
Bigger Picture
Volt sieht sich selbst als die „erste wirklich paneuropäische Partei, die pragmatische Lösungen aus ganz Europa nach Deutschland bringen will. Erfolgreiche Konzepte wie Klima-intelligente Wirtschaftspolitik nach dänischem Vorbild oder digitale Verwaltungsmodelle aus Estland sollen hierzulande helfen, aktuelle Herausforderungen anzugehen.
Ein zentraler Punkt im Programm für die Bundestagswahl 2025 ist der Ausbau der EU zu einer föderalen europäischen Republik. Auch in Deutschland fordert Volt eine Reform des Föderalismus. Entscheidungen sollen dort getroffen werden, wo sie die Menschen direkt betreffen – vor Ort. Um das zu erreichen, will die Partei die Zuständigkeiten zwischen Bund, Ländern und Kommunen effizienter ordnen und durch einheitliche digitale Prozesse modernisieren.
Politisch verortet sich Volt im sozialliberalen, progressiven Spektrum und sieht das klassische Links-Rechts-Schema als überholt an. Die Studie des Parteienforschers Wurthmann zeigt, dass Volt nah an den Grünen liegt, jedoch mit einem stärkeren Fokus auf Freihandel in der Handelspolitik.
Lest auch
Startups & Politik
AfD in der Regierung? Heftige Debatte spaltet Startup-Szene
Für Gründer und Investoren stehen für Volt Entlastung, Förderung und Vernetzung im Fokus. Maßnahmen wie die Senkung der Steuerlast, der Ausbau von Förderprogrammen und die Förderung regionaler Startup-Zentren sollen Deutschland als Gründerstandort attraktiver machen. Dabei setzt Volt auf eine europaweite Zusammenarbeit, ganz nach dem Gründungsmotto der Partei.
Über Volt und die Wurzeln der Partei
Volt zählt zu den jüngsten politischen Parteien in Deutschland. Die paneuropäische Bewegung wurde am 29. März 2017 – dem Tag, an dem Großbritannien offiziell den EU-Austritt beantragte – von dem Italiener Andrea Venzon, der Französin Colombe Cahen-Salvador und dem Deutschen Damian Boeselager ins Leben gerufen. Die europäische Herkunft der Gründer symbolisiert den grenzüberschreitenden Ansatz der Partei. Ursprünglich hieß die Bewegung Vox Europa, bevor sie als Volt Europa bekannt wurde. Kurz nach der Parteigründung ist Damian Boeselager 2019 als erster Volt-Delegierter ins Europäische Parlament eingezogen.
Heute ist Volt nach eigenen Angaben in 31 Ländern aktiv und verfolgt das Ziel, als erste paneuropäische Partei in verschiedenen europäischen Staaten zur Wahl anzutreten. In Deutschland wurde Volt ein Jahr nach der Gründung von Volt Europa, am 3. März 2018, offiziell ins Leben gerufen – als erster nationaler Verband der paneuropäischen Partei.