Zusammenfassung:Was, wenn KI zwar vielleicht keine Stellen verschwinden lässt, sie aber dafür sorgt, dass viele Stel
Was, wenn KI zwar vielleicht keine Stellen verschwinden lässt, sie aber dafür sorgt, dass viele Stellen gar nicht erst entstehen?
Nach einem ersten Schockmoment galt die Furcht, dass KI uns Menschen die Jobs kosten könnte, nur noch den Uninformierten. Nein, nein, hieß es: KI nimmt höchstens denen die Jobs weg, die nicht lernen damit umzugehen. Wer hingegen KI kann, wird nicht weniger, sondern besser arbeiten. KI macht dann die Drecksarbeit, die Monkeywork, die stupiden und repetitiven Aufgaben. Die Menschen machen das Kreative, das Strategische, das Visionäre – den wirklich guten Teil der Aufgaben eben.
Jetzt aber regen sich Zweifel an dieser tröstlichen Theorie: Was, wenn KI zwar vielleicht keine Stellen verschwinden lässt, sie aber dafür sorgt, dass viele Stellen gar nicht erst entstehen?
Mini-Team, kaum Zeit, Mega-Erfolg
Der Berliner Investor Ludwig Ensthaler sähte vor ein paar Tagen einen Gedanken bei Menschen in der Startup- und Tech-Bubble: „Wir haben jetzt vier Startups in unserem Portfolio, die mehr als eine Million jährlich wiederkehrende Einnahmen (ARR) generieren mit einer Mitarbeiterzahl von fünf oder weniger, alle gegründet im Jahr 2024 (alle in der Bay Area). Das scheint wirklich die neue Normalität zu sein“, schreibt der General Partner des VCs 468 Capital in einem knappen Post auf Linkedin. Ensthaler schreibt nicht, dass das Phänomen „Mini-Belegschaft, maximal schneller Erfolg” direkt auf die Entwicklungen rund um KI zurückzuführen sind. Aber einige Kommentatoren des Posts ziehen diesen Schluss.
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Auch der Tech-Influencer Linas Beliūnas teilt diese Beobachtung. „Kleine und fokussierte Teams sind die Zukunft, und Künstliche Intelligenz treibt diese Revolution wie nie zuvor voran“, schreibt er in einem eigenen Post. „Bald werden 1 bis 2-Mann-Milliarden-Dollar-Startups keine Überraschung mehr sein.” Die Kombination „fokussierte Menschen + KI schlage alles.
Beliūnas nennt einige Namen von Firmen, bei denen das genau so gelaufen sei: Das US-amerikanische Coding-Startup Cursor etwa, das es seiner Aussage nach in nur 21 Monaten und mit gerade mal 20 Mitarbeitenden von 0 auf 100 Millionen Dollar ARR geschafft hat. Oder aber Loveable aus Schweden, eine Firma, die mit nur 15 Mitarbeitern innerhalb von 2 Monaten von 0 auf 10 Millionen US-Dollar ARR gekommen sein soll.
Loveable: Das Startup aus Schweden macht all das möglich
Auch wenn Loveable mittlerweile etwa 45 Mitarbeitende hat, ist das Beispiel im Zusammenhang mit der Frage „Wofür nur Mitarbeiter, wenn KI alles kann spannend: Anfang der Woche schrieb Loveable Schlagzeilen als das am schnellsten wachsende Startup Europas. Gegründet wurde Loveable im Sommer 2023. Stand jetzt soll das Unternehmen nach eigenen Angaben mit rund 30.000 zahlenden Kunden 17 Millionen US-Dollar an jährlich wiederkehrenden Einnahmen erzielen. Um diesen Meilenstein zu erreichen, will Loveable nur zwei Millionen Dollar gebraucht haben, berichtet TechCrunch.
Loveable ist allerdings nicht nur ein Fall von „wenig Leute, viel erreicht“, Loveable könnte mit seinem Produkt diesen Trend sogar weiter befeuern: Loveable will, so steht es auf der Webseite des Unternehmens, jene 99 Prozent der Menschen, die nicht programmieren können, befähigen, ihre eigenen Apps „so zu bauen, als hätten sie ein Produktteam in einem renommierten Technologieunternehmen.” Lovable ermöglicht es Hinz und Kunz mithilfe von Code-schreibender KI, produktionsreife Software zu erstellen. Apps, Websites, voll funktionsfähige Webanwendungen – alles. Aber halt ohne fünf-, zehn-, zwanzigköpfiges Team aus Back- und Frontend-Entwicklern, Codern, Programmierern.
KI killt Jobs – Das ist die Realität
Der Markt für den KI-Programmierer von Loveable ist riesig, die Erfolge in so kurzer Zeit beeindrucken – Anfang der Woche kam also eineinhalb Jahre nach Gründung eine 15-Millionen-Euro-Finanzierungsrunde zusammen, angeführt vom schwedischen Top-VC Creandum. Natürlich gefällt Investoren nicht nur eine glänzend wachsende Firma wie Loveable selbst, sondern auch die Idee vom steil wachsenden Drei-Mann-Startup. Wer weiß, vielleicht auch schon bald die Idee vom Solopreneur-Unicorn. Schneller mehr Rendite.
Dem Londoner Investor Fred Destin allerdings bereitet diese Entwicklung gewisse Sorgen. Er ist der Gründer von Stride VC und verwaltet damit einen 150 Millionen Euro großen Fonds. Davor hat er als GP für Accel gearbeitet. „Die Tatsache, dass wir immer noch leugnen, dass KI in großem Umfang und mit hoher Geschwindigkeit Arbeitsplätze verdrängt und vernichtet, macht mich sprachlos, schreibt er.
An die Theorie von dem „guten“ Einsatz von KI in dem Sinne, dass sie die Arbeit der Menschen verschönert, glaube er zwar – da werde es aber nicht aufhören: „Die Verrenkungen, die die Leute machen, um zu beweisen, dass KI im Laufe der Zeit mehr Arbeitsplätze schaffen wird als sie verdrängt, machen mich sprachlos. Ich habe nichts gesehen, was das beweist, aber viele Anzeichen für das Gegenteil.”
Weiter sagt er: „Wir haben den Unternehmen gerade das größte Kosteneinsparungsinstrument der Geschichte in die Hand gegeben – was glaubt Ihr, wird passieren wird? fragt er. Für ihn jedenfalls ist klar: „KI wird Arbeitsplätze in einer noch nie da gewesenen Weise vernichten. Das sei eine Realität, auf die man sich besser einstelle.