Zusammenfassung:Tesla-Chef und Trump-Berater Elon Musk spricht beim Wahlkampfauftakt der AfD.Picture AllianceMit der
Mit der Behauptung 80 Prozent der Asylbewerber würden Urlaub in ihrem Heimatland machen, schürte Elon Musk über sein Netzwerk X eine Welle der Empörung.
Doch Musk führte die Öffentlichkeit in die Irre. Für seine Hetze gegen Menschen und Gesetze missbraucht er eine Statistik aus Schweden. Musk Aussage deckt sie nicht.
Das weist der Statistik-Experte Gerd Gigerenzer in der Reihe „Unstatistik des Monats nach, die das RWI – Leibniz Institut für Wirtschaftsforschung regelmäßig veröffentlicht.
Die „Unstatistik des Monats ist eine Perle unter den Analysen deutscher Ökonomen. Experten nehmen darin für das RWI Essen regelmäßig groteske Statistiken oder falsche Schlussfolgerungen auseinander. Oft ist das etwas für Fans. Im Januar aber widmet sich die Reihe einem hochbrisanten Thema. Es geht um Elon Musk und ein Beispiel, wie der Tesla-Chef und AfD-Unterstützer beim Thema Asyl eine Statistik für seine Hetze gegen Menschen und Gesetze missbraucht.
Auf seinem Netzwerk X hatte Elon Musk geschrieben: „Fast 80% der Asylbewerber machten Urlaub in ihren Heimatländern.“ Mit Joe Lonsdale, dem Mitgründer von Palantir, griff ein anderer Tech-Unternehmer das auf und kommentierte: „Millionen nutzten ‚Menschenrechte, um ins Land zu kommen und kostenlose Sachen zu bekommen, aber es handelt sich um einen riesigen Betrug, der von linksradikalen NGOs und anderen begangen wird.” Es folgte die gewünschte Welle der Empörung.
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„Hat Musk recht oder hat er uns hinters Licht geführt?“, fragt der Berliner Psychologe Gerd Gigerenzer, einer der regelmäßigen Autoren der RWI-Rubrik. Die Antwort führt ihn an die Quelle der „fast 80 Prozent”, auf die Musk sich beruft. Die Zahl gehe auf eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Novus aus dem Jahr 2022 in Schweden zurück.
Novus habe aus einem Panel von 50.000 in Schweden lebenden Menschen etwa 1000 Personen zufällig ausgewählt, die im Ausland geboren wurden. Von ihnen waren 85 Prozent in ihr Heimatland in Urlaub gefahren – „kein Wunder, da viele aus Finnland, Norwegen, Dänemark oder Deutschland nach Schweden gezogen waren, schreibt der Professor.
„Lediglich 183 Personen sagten, dass sie vom Krieg geflohen waren oder aus politischen Gründen nach Schweden kamen, was als Hinweis darauf gewertet wurde, dass diese Asylsuchende seien“, so Gigerenzer. Von dieser Gruppe sagten 79 Prozent, sie seien in ihr Heimatland in Urlaub gefahren. Gigerenzer: „Das ist die Zahl, die Musk verbreitete und die in den sozialen Medien einen Sturm der Entrüstung auslöste.”
Elon Musk schürt Empörung mit einer Unterstellung: Die trifft aber gar nicht zu
Musk schüre die Empörung mit der Unterstellung, dass diese Personen erst vor kurzem Asyl in Schweden gesucht hätten. Doch das sei nicht der Fall. Denn die 183 Personen waren im Laufe der vergangenen 80 Jahren nach Schweden gekommen. Die meisten kamen in den 1970er- bis 1990er-Jahren, wegen des Krieges in Jugoslawien, des Iran-Irak-Kriegs, auf der Flucht vor Chiles Diktator Pinochet oder nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion.
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„Sie lebten also in der Regel bereits 30 bis 50 Jahre in Schweden und sprachen auch fließend Schwedisch – sonst wären sie auch nicht in das Panel von Novus selektiert worden, schreibt der Psychologie-Professor. Nur 23 der befragten Personen sei nach 2010 nach Schweden gekommen. Woher sie kamen, was ihr Motiv und Status war, das habe die Umfrage nicht erfasst.
„Also, was hat die Umfrage nun wirklich gezeigt?“, fragt der Experte. „79 Prozent von 183 Migranten, die in den vergangenen 80 Jahren nach Schweden gezogen sind, haben Urlaub in ihrem Heimatland gemacht. Das sind die Fakten. Der Rest ist gezielte Irreführung der Öffentlichkeit.”
Für Gigerenzer enthält diese Irreführung durch Elon Musk und die Verbreitung auf dessen Netzwerk X eine Lehre: „Die ungehinderte Verbreitung von Falsch- und Fehlinformation, egal durch wen, schadet unserer demokratischen Gesellschaft“. Er erinnert daran, dass Facebook und X institutionalisierte Faktenchecks zuletzt durch Anmerkungen ihrer Nutzer ersetzt haben, sogenannte „Community Notes”. Jeder könne also Musks Aussage mit einer Anmerkung versehen. Bei einer seiner eigenen Aussagen hat Musk die Community Notes aber auch schon einmal als „Missbrauch bezeichnet.
In Deutschland dürfen Schutzberechtigte nur in Ausnahmen unter sehr engen Voraussetzungen in ihr Herkunftsland reisen. Sie müssen dies vorher anzeigen. Verstöße, die immer wieder vorkommen, können Sanktionen nach sich ziehen, bis zu einem Widerruf des Schutzstatus. Mehr Informationen zu Recht und Praxis findet ihr hier.
Mehr zur „Unstatistik des Monats findet ihr auf der Seite des RWI – Leibniz Institut für Wirtschaftsforschung.