Zusammenfassung:Warum es manchmal sinnvoll sein kann, an der Börse Ruhe zu bewahren, zeigt eine Analyse. Yellow Dog
Warum es manchmal sinnvoll sein kann, an der Börse Ruhe zu bewahren, zeigt eine Analyse.
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Eine Studie von Schroder IM zeigt, dass langfristige Aktienanlagen profitabler sind als Bargeld.
Bei einer Anlagedauer von 20 Jahren gab es laut der Studie keine inflationsbereinigten Verluste, so Duncan Lamont, leitender Research-Analyst bei dem Vermögensverwalter.
Umschichtung in Bargeld während Marktrückgängen erwies sich langfristig als schlechteste Strategie.
Turbulenzen an den Finanzmärkten können Anlegerinnen und Anleger verunsichern. Wenn die Kurse schwanken, fällt es besonders schwer, die nötige Ruhe zu bewahren. Warum Geduld und Besonnenheit gerade in solchen Zeiten von Vorteil sind, erklärt Duncan Lamont, leitender Research-Analyst bei dem Vermögensverwalter Schroder Investment Management (IM).
Vier Gründe, warum Anleger auch bei Kursverlusten nicht direkt aussteigen sollten
Es gibt viele Faktoren, die Anleger in Angst und Schrecken versetzen können. Manchmal ist der Auslöser spezifisch, wie der Krieg in der Ukraine im Jahr 2022, manchmal ist es ein plötzlicher Vertrauensverlust, zum Beispiel aufgrund von schwachen Wirtschaftsdaten. Das Ergebnis ist jedoch dasselbe: Es findet ein Abverkauf statt.
Dennoch kann es sich lohnen, einen kühlen Kopf zu bewahren, wenn andere in Panik verfallen, wie eine Studie des Vermögensverwalters zeigt. Dabei gibt Lamont vier Beispiele:
1. Investitionen am Aktienmarkt haben langfristig ein geringeres Risiko als Bargeld
Schroder IM hat in im Rahmen der Studie die vergangenen 100 Jahren am US-Aktienmarkt analysiert und herausgefunden: Anleger haben bei einer einmonatigen Anlage inflationsbereinigt in 40 Prozent der Fälle ihr Geld verloren. Bei einer längeren Anlagedauer würden sich die Chancen jedoch drastisch zugunsten der Anleger verschieben.
Prozentualer Anteil der Zeiträume, in denen US-Aktien und Bargeld die Inflation geschlagen haben. Von 1926 bis 2023.
Schroder IM
Auf einer Zwölf-Monats-Basis wären hingegen in 30 Prozent der Fälle Verluste zu verzeichnen gewesen. „Wichtig ist, dass zwölf Monate immer noch eine kurze Zeitspanne sind, wenn es um den Aktienmarkt geht. Um also von den Aktien zu profitieren, ist eine längere Haltedauer erforderlich, sagt Lamont.
Bei einem Zeithorizont von fünf Jahren sinkt diese Zahl auf 22 Prozent. Bei zehn Jahren sind es schon nur noch 13 Prozent. „In unserer Analyse gab es keinen 20-Jahres-Zeitraum, in dem Aktien inflationsbereinigt Geld verloren haben, so der Analyst weiter.
Bargeld hingegen möge zwar sicherer erscheinen, doch die Wahrscheinlichkeit, dass dessen Wert durch die Inflation gemindert wird, sei wesentlich höher. „Das letzte Mal, dass Bargeld die Inflation in einem Fünfjahreszeitraum geschlagen hat, war zwischen Februar 2006 und Februar 2011 – eine ferne Erinnerung. Und es ist auch nicht zu erwarten, dass sich das in absehbarer Zeit ändern wird, schließt Lamont.
2. Kurzfristige Wertverluste von mehr als zehn Prozent gehören dazu – die langfristigen Renditen sind jedoch solide
Die Studie zeigt außerdem: Betrachtet man die weltweiten Aktienmärkte (dargestellt durch den MSCI World Index), so kam es in 30 der vergangenen 52 Kalenderjahre vor 2024 zu Kursrückgängen von zehn Prozent. In den vergangenen zehn Jahren wiesen die Jahre 2015, 2016, 2018, 2020 und 2022 Kursrückgänge von über zehn Prozent auf.
Stärkere Rückgänge von 20 Prozent gab es in 13 der 52 Jahre (das ist im Durchschnitt etwa einmal in sechs Jahren – aber wenn es in diesem Jahr passiert, wäre es dreimal in den letzten vier Jahren der Fall, nämlich 2020, 2022 und 2024).
Größte Aktienmarktrückgänge in jedem der letzten 52 Kalenderjahre, MSCI World (USD). Quelle: Refinitiv und Schroders. Daten bis 31. Dezember 2023 für den MSCI World Index in USD.
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Trotz dieser regelmäßigen Unebenheiten habe der US-Markt in diesem 52-Jahres-Zeitraum insgesamt hohe durchschnittliche jährliche Renditen erzielt. „Das Risiko eines kurzfristigen Verlustes ist der Preis für die langfristigen Gewinne, die eine Anlage am Aktienmarkt bringen kann, schreibt Lamont.
3. Nach großen Kursverlusten auszusteigen, ist ein Fehler
„Zwar ist der Markt bisher nicht allzu stark gefallen, doch sind weitere Schwankungen und das Risiko von Kursverlusten nicht auszuschließen, so der Analyst. In diesem Fall könne es sehr viel schwieriger werden, sich nicht von Emotionen leiten zu lassen – und der Versuchung zu erliegen, sich von Aktien zu trennen und in Bargeld zu investieren.
„Unsere Untersuchungen zeigen jedoch, dass dies in der Vergangenheit die schlechteste finanzielle Entscheidung war, die Investoren hätten treffen können, erklärt der Experte.
So hätten laut der Studie beispielsweise Anlegerinnen und Anleger, die im Jahr 1929 nach dem ersten Einbruch der Weltwirtschaftskrise um 25 Prozent in Bargeld umgeschichtet hatten, bis zum Jahr 1963 warten müssen, um wieder die Gewinnschwelle zu erreichen. Im Vergleich dazu hätten sie bereits Anfang 1945 die Gewinnschwelle erreicht, wenn sie statt einer Umschichtung weiterhin in den Aktienmarkt investiert hätten. „Das vor dem Hintergrund, dass der Aktienmarkt im Verlauf des Crashs schließlich um über 80 Prozent einbrach, gibt Lamont zu bedenken.
Anzahl der Jahre bis zum Ausgleich der anfänglichen Verluste bei einem Verkauf von Aktien nach einem starken Rückgang. Quelle: Schroder IM, Federal Reserve Bank of St. Louis, Robert Shiller, Schroders.
Schroder IM
Eine Umschichtung in Bargeld hätte demnach die schlimmsten Verluste während des Crashs verhindern können, war aber langfristig die mit Abstand schlechteste Strategie.
In ähnlicher Weise würden Anleger, die 2008 nach den ersten 25 Prozent Verlusten in Bargeld umgeschichtet hätten, feststellen, dass ihr Portfolio sich heute immer noch nicht gänzlich erholt hätte. „Eine Abkehr vom Aktienmarkt zugunsten von Bargeld als Reaktion auf einen starken Marktrückgang wäre langfristig sehr schlecht für das Vermögen gewesen, so der Analyst.
4. In Zeiten erhöhter Angst konnten Aktien meist die Erwartungen übertreffen
Das „Angstbarometer des Aktienmarktes, der Vix-Index, habe in den vergangenen Wochen neue Höchststände erreicht, da die Anleger unter anderem eine Abschwächung der US-Wirtschaft befürchteten. Der Vix ist ein Maß für die von den Händlern erwartete Volatilität des US-Index S&P 500 in den nächsten 30 Tagen.
In der Vergangenheit war es jedoch eine schlechte Idee, in Zeiten erhöhter Angst zu verkaufen. Der Vermögensverwalter hat sich dazu eine Umschichtungsstrategie angesehen, bei der täglich aus Aktien (S&P 500) verkauft und in Barmittel umgeschichtet wurde, sobald der Vix über 30 lag, und dann wieder in Aktien umgeschichtet wurde, sobald er wieder darunter fiel.
„Dieser Ansatz hätte eine jährliche Rendite von 7,4 Prozent erbracht (ohne Berücksichtigung der Kosten) und blieb hinter einer Strategie zurück, die kontinuierlich in Aktien investiert blieb und ebenfalls ohne Berücksichtigung der Kosten eine jährliche Rendite von 9,9 Prozent erbracht hätte, so der Analyst.
Eine Investition von 100 US-Dollar (umgerechnet rund 89,56 Euro) in das kontinuierlich investierte Portfolio ab Januar 1990 wäre demnach mehr als 2,5-mal so viel wert wie 100 US-Dollar (umgerechnet rund 89 Euro), die in das Switching-Portfolio investiert wurden.
„Wie bei allen Investitionen ist die Vergangenheit nicht unbedingt ein Wegweiser für die Zukunft, aber die Geschichte legt nahe, dass Zeiten erhöhter Angst, wie wir sie derzeit erleben, für Aktienmarktinvestitionen besser waren, als man vielleicht erwartet hätte, schließt Lamont.
Disclaimer: Aktien, Immobilien und andere Investments sind grundsätzlich mit Risiko verbunden. Auch ein Totalverlust des eingesetzten Kapitals kann nicht ausgeschlossen werden. Die veröffentlichten Artikel, Daten und Prognosen sind keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder Rechten. Sie ersetzen auch nicht eine fachliche Beratung.